Tag der Experimentellen Archäologie

Einblicke für Interessierte und ein Forum für die Wissenschaft

Das Experimentalarchäologische Freilichtlabor Lauresham im UNESCO Welterbe Kloster Lorsch steuert auf den Höhepunkt des Jahres zu. Am 7. Mai 2023 stellen der Leiter von Lauresham, Claus Kropp M.A., und sein Team am Tag der Experimentellen Archäologie Themen des frühen Mittelalters zum Zuschauen und Mitmachen vor und bieten mit Vorträgen ein öffentliches Forum für die Wissenschaft. „Wir lassen unsere Gäste an diesem Tag den Forscher:innen über die Schultern schauen und möchten einen lebendigen Eindruck von der Summe unserer Arbeit vermitteln“, charakterisiert Kropp das Programm. Eingeladen sind alle Interessierten, Familien ebenso wie Fachpublikum. Der Besuch ist kostenfrei; für das leibliche Wohl wird gesorgt sein.

Lehren für die Gegenwart und Zukunft

Auf dem begehbaren, 4,1 Hektar großen, idealtypischen 1:1-Modell eines Zentralhofes des 8./9. Jahrhunderts mit Häusern, landwirtschaftlichen Flächen und Nutztieren erhalten Gäste von 10:00 bis 17:00 Uhr beim Vorführen und durch Beteiligung an Live-Experimenten nicht nur konkrete Anschauungen zum Leben im Mittelalter. Sie gewinnen auch Eindrücke von der Vielzahl der Projekte, die Lauresham betreibt und wissenschaftlich auswertet.

Dazu zählen die Erforschung mittelalterlicher Eisenverhüttung (mit Live-Ausgrabung) genauso wie die Kultivierung sogenannter Wölbäcker in karolingischer Zeit. Viele der Unternehmungen tragen die Siegel von Naturschutz und Nachhaltigkeit, behandeln also Themen, die für Gegenwart und Zukunft Relevanz haben können: So kooperiert Lauresham mit zahlreichen Partnern unter anderem bei dem Vorhaben „A Year On The Field“ (Ein Jahr auf dem Feld), das die Bedingungen nachhaltiger Lebensmittel- und Textilproduktion untersucht. In einem Projekt mit dem Julius-Kühn-Institut (Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) geht es wiederum um die Nützlingsförderung auf Ackerflächen zum Zwecke des biologischen Pflanzenschutzes.

Lauresham im internationalen wissenschaftlichen Austausch

Neben praktischen Vorführungen bietet der Tag der Experimentellen Archäologie auch Fachvorträge in deutscher und englischer Sprache von Wissenschaftler:innen aus dem In- und Ausland. Diese zeigen, dass das Freilichtlabor Lauresham, bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, in vielen Bereichen der Experimentellen Archäologie mit Institutionen aus der ganzen Welt zusammenarbeitet und in internationale Netzwerke eingebunden ist. Ein Beispiel hierfür ist u.a. das Wölbackerprojekt, welches unter Einsatz von Zugrindern diese alte Ackerform untersucht und daraus Folgerungen für umweltfreundliche und klimaschützende Wirtschaftsformen ableitet. Mit dem Auerrindprojekt, welches Beweidungsprojekte in ganz Deutschland initiiert hat, kooperiert das Freilichtlabor seit einem Jahr nun auch mit der Universität Dublin und dem dortigen aDNA-Labor zusammen, um auch genetisch dem im 17. Jahrhundert ausgestorbenen Auerochsen auf die Spur zu kommen.

Übersicht über die Projektvorstellungen im Freilichtlabor:

Wölbäckerprojekt:

Wie wurden vor dem Jahr 1200 Jahren Ackerflächen bewirtschaftet? Was kann von alten Flurformen und Bewirtschaftungsweisen auf gewölbten Äckern, die durch eine besondere Pflugtechnik entstehen, im Hinblick auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gelernt werden?

Raumklima in frühmittelalterlichen Häusern:

Wie effektiv konnten mittelalterliche Menschen ihre Häuser heizen? Wie war das Wohnklima? Welche Wärmegrade waren im Vergleich zur Außentemperatur zu erzielen?

Panzerreiterprojekt – auf der Spur einer frühmittelalterlichen Elite:

Seit vielen Jahren versucht das Freilichtlabor mit Partnern, die komplette Ausrüstung eines frühmittelalterlichen Panzerreiters zu rekonstruieren. In diesem Jahr dreht sich das Projekt um den Schuppenpanzer und die Durchschlagskraft von Pfeilen.

Forschungscluster Transport und Verkehr

Um Einblicke in Transportmöglichkeiten und Verkehrswege des Mittelalters zu erhalten, rekonstruiert das Freilichtlabor in diesem Jahr sowohl Teilabschnitte mehrerer Straßen und Wege als auch einen einachsigen Wagen und kooperiert zudem mit der Technischen Universität Darmstadt in Bezug auf die Wasserwege und die Rekonstruktion eines frühmittelalterlichen Einbaums.

Grubenhausprojekt

Wie groß sind die Interpretationsspielräume bei der (Re)konstruktion frühmittelalterlicher Häuser? Wie wurden im Frühmittalter effektiv Güter gelagert? Fragen wie diese werden im Rahmen des Grubenhausprojektes bereits seit 2018 im Freilichtlabor untersucht.

Auerrindprojekt

Wie ist der Kenntnisstand über die Wildnis vor 1200 Jahren und welche Schlussfolgerungen sind im 21. Jahrhundert daraus zu ziehen? Das Auerrindprojekt erforscht den im 17. Jahrhundert ausgestorbenen Auerochsen und stellt sich an diesem Tag mit Originalexponaten sowie diversen Kooperationspartnern vor.

Frühmittelalterliche Eisenverhüttung (mit Live-Ausgrabung)

Seit 2017 wurden im Freilichtlabor immer wieder Eisenverhüttungsexperimente durchgeführt. Zum Tag der Experimentellen Archäologie soll nun das erste Mal einer der Verhüttungsplätze wieder ausgegraben werden. Es geht hier vor allem darum zu verstehen, wie genau der Transformationsprozess vom Original zum archäologischen Befund funktioniert.

Lorscher Arzneibuch

Im Jahr 2023 feiert das Lorscher Arzneibuch die zehnjährige Aufnahme in das UNESCO-Weltdokumentenerbe. Zu diesem Anlass wird die schottische Kalligraphin Dawn Burgoyne einige Rezepte aus dem Arzneibuch abschreiben. Wie diese Rezepturen hergestellt werden, zeigen junge Menschen, die in Lauresham ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvieren.  Der Biologe und Toxikologe Jens Schabacker führt außerdem die Erzeugung von Birkenpech vor.

A Year On The Field

Auf vier Kontinenten wird derzeit in einem einzigartigen Kooperationsprojekt Flachsanbau dokumentiert, Wissen und Fähigkeiten ausgetauscht und die Öffentlichkeit über nachhaltige Lebensmittel- und Textilproduktion informiert.

Wir in Lorsch (Lehr- und Versuchsacker)

Seit dem Jahr 2021 betreibt das Freilichtlabor mit seinen Partnern im Rahmen des regionalen Vernetzungsprojekts „Wir in Lorsch“ auch einen Lehr- und Versuchsacker für Zugtiere bzw. tierische Anspannung im 21. Jahrhundertmit dem Ziel zu zeigen, warum diese Art der Landwirtschaft auch heutzutage wichtig sein kann.

Funde und Befunde zu Webhäusern und die (Re-)konstruktion

Auch das (früh-) mittelalterliche Textilhandwerk wird in Lauresham gepflegt und erforscht. Archäologische (Be-) Funde aus Tilleda (Sachsen-Anhalt) und anderen Orten geben Einblicke in die Arbeit mit Textilien und bildeten die Grundlage für das Webhaus in Lauresham. Fragen nach dem Gewichtswebstuhl, den Gruben sowie archäologischen und schriftlichen Quellen sollen im Fokus stehen.

Vorträge

Im Besucherinformationszentrum spricht um 13 Uhr Conor Rossi vom University College Dublin zum Thema „Ancient DNA and Ice Age wild cattle”. Um 14 Uhr gibt es am selben Ort eine Lauresham Lecture mit Tríona Sørensen vom Roskilde Viking Boat Museum (Dänemark) mit dem Titel „Skuldelev 3: one ship-find, two reconstructions and forty years of experimental archaeology“.

Befeuern eines Rennofens
© SG, Foto: M. C. Thumm

Das Grubenhausprojekt versucht, das Aussehen frühmittelalterlicher Häuser möglichst genau zu rekonstruieren. © SG, Foto: M. C. Thumm

Für weitere Informationen und Auskünfte sind wir gerne für Sie da:
UNESCO Welterbe Kloster Lorsch
Tel: +49 (0)62 51-86 92 00
Fax +49 (0)62 51-86 92 029
Mail: info@kloster-lorsch.de

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